Bielefeld gibt es. Auch wenn manche Leute das bezweifeln wollen. Ich war da. Sicher ist es keine spektakuläre Stadt, aber für mich ist die Stadt auf mehrere Weisen einzigartig.

Objektive Besonderheiten weiß ich nicht viele aufzuzählen. Es sind vor allem die Hinterlassenschaften der Industrie. Es war keine Rohstoff verarbeitende Industrie, oder wenn, nicht mit so hoher Emission wie im Ruhrgebiet. Vielmehr weiterverarbeitende Unternehmen, deren Gebäude sich deutlich harmonischer ins Stadtbild einfügen ließen als die Stahlwerke und Zechen zwischen Dortmund und Duisburg. Viele Bielefelder Fabriken sind erhalten und werden heute weiter genutzt. Etwa als Einkaufszentrum, aber auch als Kulturzentrum in der ehemaligen Ravensberger Spinnerei oder sie sind zu Wohnungen umgebaut, wie in Teilen der alten Dürkopp- Werke. Im Osten und Nordosten der Innenstadt erzeugt das ein prägnantes Stadtbild. Ich wußte es jedes Mal wieder zu schätzen, daß die Kreuzung Turmstraße/ Nikolaus- Dürkopp- Straße mit den beiden geschlossenen Übergängen über die Straßen so oft auf meinem Weg lag. Daneben fiel die enorme Ansammlung von teuren Feinkostgeschäften in der Innenstadt auf, nichts für uns, um die täglichen Lebensmittel einzukaufen, aber umso größer die Freude, wenn wir uns mal was gönnen wollten. Und unvergessen das legendäre Basilikum- Oliven- Weißbrot aus der Hagenbruchstraße… Und natürlich die Arminia. Die ist auch besonders. Sie muß sich zwar das Attribut „Fahrstuhlmannschaft“ gefallen lassen, aber außer dem FC St. Pauli gibt es wohl keinen Profi- Verein in Deutschland, der mit derart scheinbarer Leichtigkeit gleich durch alle drei Top- Ligen tingelt. Andere Leidensgenossen pendeln nur zwischen zwei Ligen.

Ohne selbst dort zu wohnen, habe ich zwischen 2004 und 2008 viel Zeit in Bielefeld verbracht. Das war eine sehr schöne Zeit, offenbar so schön, daß sich die Stadt, in der ich heute wohne und die ich wirklich schön finde und in der ich mich ausgesprochen wohl fühle, sich ständig an Bielefeld messen lassen muß. Bielefeld ist sozusagen mein Stadtwohlfühl- Mythos geworden. Das irritiert mich manchmal ein bischen und ist mir nicht wirklich erklärbar. Vielleicht dazu beitragend, nicht weniger subjektiv, aber besser nachvollziehbar für mich ist dagegen die Tatsache, daß ich Bielefeld auf eine besondere Art schön fand. In den inneren Stadtteilen quasi flächendeckend, in den weniger zentralen Stadtteilen nicht mehr so umfangreich, aber auch da immer und immer wieder war die Stadt eine Ansammlung von Orten, Plätzen, Straßenzügen, Gebäuden und Ansichten, die, eigentlich unscheinbar, mich ständig zum Wiederkommen gereizt und gefesselt haben. Oder anders ausgedrückt: ich konnte mich an Bielefeld einfach nicht satt sehen. Und nicht satt fotografieren.

Ein gelungenes Foto, finde ich, ist unter anderem das, das aus einem scheinbar ganz banalen Motiv, etwas Gewöhnlichem, etwas Besonderes macht und etwas zeigt, was man sonst nicht so leicht oder selten erkennt. In diesem Sinne ist mir für befriedigende Bilder noch keine Stadt oder kein Ort so entgegen gekommen wie Bielefeld.

Die Aufnahmen sind in eine Art geografische Reihenfolge gebracht. Auch wenn das nicht immer konsequent umzusetzen war, sind die Schwarz- Weiß- Fotos sowie die Farbaufnahmen zu einer Art Stadtspaziergang zusammengestellt. Für diejenigen, die die Stadt nicht kennen, ist das wohl kaum von Belang, für alle anderen aber eine Möglichkeit, die Stadt vielleicht mal mit anderen Augen zu sehen.